Portrait Katharina
Lyncker

Eine verdeckte Liaison

  Jeder Mensch ist vertraut mit einem inneren Raum der seelischen Begegnung mit sich selbst, in den der Mensch sich immer dann zurückzieht, wenn er äußerlich in Bedrängnis gekommen ist. Dieser Raum ist wie ein Refugium für die bedrängte Seele, sich zu stellen vor sich selbst, wenn äußere Begegnungen gescheitert sind.

Zypressen
  Je nach weltbildlicher Verhaftung erlebt der Mensch diesen inneren Rückzug entweder als Gebet, in welchem die Seele sich ausdrücklich an eine Instanz außerhalb von ihr selbst wendet, die sie mit Gott identifiziert, oder sie versucht sich mit der Wahrhaftigkeit zu konfrontieren, die sie als Kriterium für ihre Befindlichkeit konsultiert, was letztendlich auf dasselbe hinausläuft. Jedenfalls lauscht die Seele nach innen, weil sie weiß, dass aus dem inneren Raum Impulse aufsteigen, die ihr weiteres Verhalten intuitiv begleiten, so dass sie auch ohne verbalen Zuspruch dennoch eine Richtschnur für ihr weiteres Verhalten empfängt. Diese innere Stimme, wie viele Menschen dieses Erleben treffend bezeichnen, ist eine wertvolle Dimension für das Alltagsleben des Menschen, ohne die der Mensch verloren wäre. Lässt der Mensch sich davon leiten, so wird er nie wirklich vom Weg abweichen, den zu gehen für ihn richtig ist.

Diese innere Stimme hat einen gewichtigen Gegenspieler im Menschen selbst, nämlich die Triebnatur, deren Impulse oft dominierend sind und die innere Stimme übertönen, so dass der Mensch vom Wege abkommt und sich verirrt in die Niederungen der egoistischen Begehrlichkeiten und des lustbetonten Machtanspruchs, die rücksichtslos zum eigenen Vorteil und zum Schaden anderer ausgelebt werden. Gibt der Mensch dem Drängen seiner Triebnatur nach, so verstummt die innere Stimme allmählich und überlässt den Menschen seinem Triebanspruch, der diesen Verlust kompensiert mit der Lust, seine Begierden zu befriedigen. Der Mensch ist dann auf sich selbst gestellt in seinen Entscheidungen und darf nicht mehr davon ausgehen, einen guten Weg geführt zu werden, der im Einklang ist mit dem höheren Willen in ihm selbst.

Die innere Durchlässigkeit eines Menschen wird bestimmt von der Stärke seiner Triebnatur und davon, welche Wichtigkeit der Mensch der Befriedigung seiner Triebimpulse einräumt. Wenn der Mensch sich forttragen lässt von dem Drang, sich selbst auf jeden Fall bestätigt sehen zu wollen, so ist seine Bereitschaft nur gering, eine leise Mahnung aus seinem Inneren zu empfangen, die ihn mit seinem Drängen ggf. kritisch in Frage stellt. Diese Konstitution ist resistent gegenüber moralischen Bedenken, weil sie völlig besessen ist vom eigenen Drang nach Triebbefriedigung, den sie allenfalls noch kaschiert mit unehrlichen Scheinlegitimationen, um sich keine Blöße zu geben. Alle erfolgreichen Machtmenschen sind aus diesem Holze geschnitzt.

Damit ist die Beziehungsebene zwischen Gott und Mensch psychologischerseits treffend charakterisiert. Gott - oder die innere Stimme - oder das intelligente Überpotential im Menschen - dringt bei vielen triebdominierten Menschen gar nicht durch, weil die seelische Empfangsbereitschaft der Triebdominierten zu schwach ausgeprägt ist, als dass sie richtungsverändernde Impulse durchließe, die ihr die Triebbefriedigung streitig machen. Eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen diesem Menschentypus und seinem Höheren Selbst ist also grundsätzlich nicht möglich. Viele frömmelnde Potentaten verwechseln in diesem Sinne die buchstabengetreue, fundamentalistische Auslegung ihrer Religionsvorschriften mit Gottnähe, ohne zu merken, dass sie nur ihrer Rechthaberei dienen, nicht aber Gott im eigenen Inneren.
 
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  Thema  "Unsichtbare Reglementierung"  >